Montag, 19. Oktober 2015

Wahlausgang für oder wider die Energiewende

Da gibt es nichts zu kriteln und deuteln: Der Wahlausgang ist eine Hypothek für die Schweiz auf dem Weg zu einer Energiewende, die diesen Namen verdient. Ein solarpolitischer Kommentar am Tag nach der Wahl.

Passend zum Wahlausgang stellt ein Artikel im Tages-Anzeiger von heute Montag fest, die Schweizer seien ein Volk von Reichenverstehern. Denn was ist das anderes als eine Huldigung an die einkommens- und vermögensstarke Schweiz, wenn die Bevölkerung bei Wahlen die krasse soziale Ungleichheit vergisst und dafür die Überfremdungsangst in den Vordergrund rückt und diesen in seinen Ausmassen einmaligen Rechtsrutsch befeuert? Absurderweise sind in diesem Spiel – siehe Pauschalbesteuerung – die AusländerInnen als Reiche dann doch wieder willkommen.  

Im Hintergrund blieb bei der Wahl die Auseinandersetzung um die Energiewende, mit der hierzulande Energiestrategie 2050 genannten Neuausrichtung der Energiepolitik sind offenbar keine Blumentöpfe und schon gar keine Sträusse von Sonnenblumen zu gewinnen. Auch wenn uns mit dem weltweit ältesten und äusserst fehleranfälligen Atomkraftwerk Beznau vielleicht bald einmal eine dieser Massenvernichtungswaffen um die Ohren fliegt. So stellen sich nach dem Wahltag Fragen, auf die erste Anworten gewagt seien: 

Ist es jetzt vorbei mit der Energiestrategie? Grün hat verloren, sei es nun ein reines Grün in Form der Grünen Partei, oder der Grünliberalen oder auch der SP, die insgesamt trotz des Zürcher Erfolgs ja auch auf keinen grünen Zweig kam. Grüne Themen sind für den Moment out – da kann man sich nur damit trösten, dass gerade in diesem Bereich der Wind schnell drehen kann. Und vor allem gilt es nicht zu vergessen, dass ausserhalb der Politik im engeren Sinn und im zentralen Bern energiemässig weiterhin viel laufen wird. Begünstigt durch die Wettbewerbsvorteile, die die Erneuerbaren Energien zunehmend aufweisen. Ein Beispiel gefällig: die Windenergie ist nach Dänemark nun auch in Deutschland und Grossbritannien die absolut günstigste Art der Stromerzeugung, wie ein Wirtschaftsdienst unlängst nachrechnete. 

Was sind die personellen Konsequenzen des Wahlausgangs in energiepolitischer Hinsicht? Da schmerzt die eine oder andere personenbedingte Schwächung der Bemühungen rund um die Energiestrategie 2050. Die Verlierer der Wahl, die Mitteparteien waren insgesamt wichtige Pfeiler einer parteiübergreifenden Allianz für die Energiewende und den Atomausstieg. Und dass der Bündner GLP-Nationalrat Josias Gasser abgewählt wurde, bleibt schwer zu verdauen – zumal er ersetzt wurde durch den nun formierten Blocher-Clan – oder soll man im Hinblick auf die Energiewende Blocker-Clan schreiben? Tröstlich: Immerhin sind sonst keine bedeutenden Aderlässe zu verzeichnen in der prominenten Energiestrategieallianz – wiedergewählt sind etwa die Nationalräte Müller-Altermatt (CVP), Girod (GP), Swisssolar-Präsident Nordmann, Nussbaumer und Jans (alle drei SP), die als deren Bannerträger gelten können. 

Wie sicher sieht die künftige Energieversorgung aus? Vielleicht sicherer, als man das auf den ersten Blick vermuten könnte. Denn wo sind schweizweit und fast flächendeckend die wichtigsten Anwender der solaren Stromerzeugung (Photovoltaik) ansässig? Ja richtig, es sind vor allem Landwirte, die mit ihren tollen PV-Anlagen eigentlich den Durchbruch dieser für die Schweiz vielversprechendsten neuen Energie möglich gemacht haben. Und wenn sich Wahlsieger und SVP-Präsident Toni Brunner gemäss Statment von Sonntagabend eine sichere und kostengünstige Energieversorgung wünscht – so findet er diese vor allem auch in den eigenen Reihen. Vielleicht sieht es mit den Aussichten der Energiestrategie 2050 doch nicht so düster aus, wie man aufgrund des Wahlausgangs vermuten könnte.

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